Bulgarien - Pomorie (14. bis 25. Juli)

Hauptsaison. Alles ist teuer und ausgebucht. Wo ist sie also, die Garantie für schönes Wetter und bezahlbare Hotels? Die Lösung für den gemeinsamen Urlaub der Familien Kuper und Nitschke lautete: Bulgarien.

 

Das Schwarze Meer ist für uns alle Urlaubsneuland. Osteuropa erst recht. Klar ist, Bulgarien gehört zu den das-Leistungswasser-besser-nicht-trinken-Ländern. Entsprechend wird im Vorfeld jede negative Hotelbewertung deutlich ernster genommen als etwas Positives. Wo landen wir am Ende - Goldstrand oder Sonnenstrand? So ganz klar ist uns das nicht bei der finalen Buchung. Irgendwo dazwischen stellt sich dann heraus.... 

Erster Abend. Es ist kurz vor 21 Uhr. Endlich angekommen führt der erste Weg zum Restaurant. Restaurant? In einer Mischung aus Bahnhofs- und Kantinenfeeling klauben wir die letzten Reste aus lauwarmen Schalen. Das Skelett eines abgenagten Thunfischs ragt so von der Wärmeplatte als sei er in eine Schiffsschraube geraten. In diesem Ambiente schmecken uns noch nicht einmal die Nudeln. Jede Uni-Mensa verdient dagegen zwei Michellin-Sterne. Der Schreck sitzt tief. Sehen so unsere 11 Tage all inclusive aus? 

Vielleicht können die Getränke das wettmachen. Gespannt stoßen wir mit Weißwein an. Da kann eigentlich nicht so viel schiefgehen. Die Skepsis stieg aber schon, als wir den Wein aus Spritzpistolen zapfen mussten wie beim Schützenfest in Dörpen. Genauso wie fertige Cocktailmischungen. Nichts war echt, alles nachgemacht im Bulgarien-Style. Nachgemachter Martini, nachgemachter Gin. Und die Cola lässt ahnen, wie die Club-Cola der real existierenden DDR einmal geschmeckt haben muss. 

Aber der Schnaps, der soll es reißen. Beim Begrüßungstreffen klärt uns die TUI-Repräsentantin, eine ältere Bulgarin, auf: Die Bulgaren trinken vor dem Essen einen Rakia, aber nicht aus einem Kinder-Schnapsglas wie in Deutschland, sondern aus einem anständigen Wasserglas. Der Effekt: Beim Essen danach nimmt der Körper 200 Prozent der Vitamine auf. Knapp 20 Gäste lauschen der ernährungswissenschaftlichen Einführung. Alle sind baff erstaunt. So platt, dass kein deutscher Besserwisser auch nur auf die Idee kommt, einen leisen Zweifel zu äußern oder gar eine abweichende Meinung zu formulieren. Am Abend probieren Georg und Markus den Schnaps. Er schmeckt so gruselig, dass der Körper erst einmal gar nichts mehr aufnimmt. 

In den nächsten Tagen folgt dann eine Annäherung mit Land und Lokalitäten. Wir durchkämmen die Urlaubs-Kleinstadt, testen die vielleicht 10 unterschiedlichen Restaurants aus und wissen ganz gut, an welchen Orten zu welchen Zeiten das beste Rührei, der beste Fisch oder die besten Desserts serviert werden. 

Zu Julias Geburtstag dann ein echtes Highlight. Nach einem Sektfrühstück auf der reservierten Sonnenterrasse rein in die Pferdekutsche zur Fahrt in die nächstgelegene Stadt. Angekommen bitten wir den älteren, schmächtigen Kutscher, mit Kerstins Smartphone ein Bild von uns machen. „Hier draufdrücken!“ „Ganz einfach.“ „Drücki Drücki“. „Da! Ja, genau da.“ So sitzen wir auf der Kutsche und grinsen für ein schönes Doppelfamilienbild um die Wette. Der Kutscher knipst, schaut auf das Display und will uns immer etwas sagen. Wir würgen ihn ab, ja noch mal, und grinsen weiter um die Wette. Der Kutscher drückt noch einige Male ab, sichtlich unzufrieden. Was hat er nur? Wir denken, Smartphone und bulgarischer Pferdekutscher, das geht nicht zusammen, er ist zu blöd, hat bestimmt zum ersten Mal ein Smartphone in der Hand. Am Ende sehen wir, dass die Kamera falsch herum eingestellt war und der Kutscher die ganze Zeit Selfies von sich selber gemacht hat. Nicht der Kutscher war zu blöd, sondern wir. 

Die Stadt Nassa außerhalb der künstlichen Urlaubswelt ist ein Erlebnis für sich. Das Zentrum sieht heute noch so aus wie in Gotha anderthalb Jahre nach der Wende. Der beherrschende Farbton ist grau, dazwischen immer wieder Gebäude, die dem Verfall preisgegeben sind, Waschbeton in verschiedenen Varianten. Kerstin sucht nach einem Geschenk für die Freunde, die unser Haus hüten. Am besten etwas für den Kleinen. Doch es ist nichts zu finden. Immerhin gibt es für die Frauen einen anständigen Aperol Spritz. 

In den folgenden Tagen machen wir das Beste daraus. Zum Frühstück starten wir mit Alster. Läuft. Später das Bier ohne Limo, bis Georg und Markus auf einen selbsterfundenen Spezialcocktail umsteigen: Nachgemachter Gin gemixt mit nachgemachtem Martini sowie rotem bulgarischen Wermuth. Sollte noch etwas Platz im Becher sein, dann mit Tonic Water auffüllen. Die Bedienungen verziehen bei den Bestellungen leicht das Gesicht, mixen aber tapfer den Gästewunsch zusammen. Wir geben dem Cocktail einen englischen Namen: Die True. Nach einigen Tagen können wir an einigen Bars den Die True bestellen - und die Mixer wissen, was gemeint ist. 

So leben wir fortan in den Tag. Das Wetter ist wirklich gut, die Anlage ist in Ordnung, Pool und Strand, die Kinder sind phasenweise zufrieden, alles stimmt. Es ist eine langsame Annäherung mit dem Urlaubsland Bulgarien. Wir machen das Beste draus, haben Spaß miteinander. Aber würden wir noch einmal nach Bulgarien fahren? Hmm. Vielleicht sollten wir mal wieder etwas Neues entdecken.