USA

Wasser und Wüste

Es gibt giftige Pflanzen, die töten. Wilde Tiere, die töten. Tiefe Wasser, die töten. Und es gibt Landstriche, die töten. Auf unserem Weg zum Rafting kreuzen wir das Tal des Todes, das Death Valley. Der Name mag theatralisch klingen, doch die Umgebung hält, was der Name verspricht. Es ist die Hitze, die alles Leben austrocknet. Das Wort „karg“ ist wahrscheinlich hier erfunden worden.

 

Eigentlich wirkt alles still und friedlich. Doch flößt uns die Landschaft Angst ein. Sie ist abweisend. Sie ruft uns zu, dass wir verschwinden sollen. Es scheint, als warte das Death Valley nur darauf, dass wir einen Fehler begehen. Und dann schnappt die Falle zu, trocknet erst unsere Kehlen aus, dann den Rest des Körpers. Ein Gefühl von Einsamkeit kriecht in uns hinein. Niemand will hier länger bleiben als nötig.

 

Im Vorfeld haben wir Horrorgeschichten gehört. Von Autos, die nicht mehr angesprungen sind, weil die die Hitze die Benzin-Zuleitung zum Vergaser ausgetrocknet hat. Von Autos, deren Motoren in der Hitze schlicht verreckt sind. In der Tat gab es Schilder, die Automatik der Klimaanlage auszuschalten, um den Motor zu entlasten.

 

Wir wollen die Hitze am eigenen Leib spüren. Als wir 200 Meter unterhalb des Meeresspiegels sind, meldet das Thermometer knapp 50 Grad im Schatten. Wir steigen aus und gehen ein Stück zu einem ausgetrockneten Salzsee. Der Wind pfeift dumpf, die Sonne brennt vom Himmel. Wir atmen die heiße Luft in unsere Lungen. Die Schritte fallen schwer. Ich berühre eine Pflanze. Sie ist so trocken, dass es sich wie Kunststoff anfühlt. Das soll etwas lebendiges sein? Wie viele Tropfen Wasser braucht die Pflanze im Jahr. Welche armen Schweine haben hier eigentlich die Straße gebaut?

 

Wir haben das Hitzeerlebnis, das wir wollten. Was uns erst gar nicht auffällt: Keiner von uns fängt an zu schwitzen. Der Köper macht dicht. Er schützt sich. Alle Poren sind zu und klammern sich an einander, um der Hitze keinen Zutritt zu gewähren. Als wir dann wieder in unserem klimatisierten Wagen sitzen, geht’s los. Wie auf Knopfdruck beginnt die Haut wieder zu atmen und der Schweiß perlt am gesamten Leib. Wir geben Gas und entfliehen der Wüste.

 

Szenenwechsel. Wir haben Schwimmwesten an und treiben im Fluss. Nur unser Kopf lugt aus dem Wasser. Wir befinden uns auf unserer ganztägigen Raftingtour auf dem Kernsriver. Dieser Tag bringt einen unglaublichen Spaß.

 

Zuerst bekommen wir eine ausführliche Einweisung und müssen Kommandos lernen. In jedem Boot sitzt ein Scout. Ich frage mich, warum für ein bisschen Paddeln so viel Aufwand getrieben wird. Die Fahrt beginnt auch im ruhigen Wasser. Doch schon die ersten Stromschnellen sollen meine Frage beantworten. Auf dem Rand des Schlauchboots sitzend stürzen wir mit unserem Schlauchboot in das Wildwasser. Die Füße sind fixiert, ansonsten hätte uns die Strömung gleich aus dem Boot geworfen. Ohne die Kommandos des Scouts, wer zu welchem Zeitpunkt sein Paddel einsetzt, hätte uns das Wildwasser geschluckt. Oder das Boot wäre gegen eine der aus dem Wasser ragenden Felsen geschmettert worden.

 

So geht es über mehrere Stunden. Es gibt ruhige Abschnitte, die Gelegenheiten bieten, mit den vier Amerikanern in unserem Boot ins Gespräch zu kommen. Und immer wieder müssen wir unser Boot durch Stromschnellen navigieren, die uns zum Teil so durchschütteln, dass wir in einigen Momenten nicht wissen, wo oben und unten ist. Wie wir erfahren, werden Stromschnellen nach ihrer Gefährlichkeit klassifiziert. Unser Fluss hat eine der gefährlichsten Stellen zu bieten.

 

Keine Möglichkeit für Abwechslung wird ausgelassen. Wir stoppen, um von einer vier Meter hohen Klippe in den Fluss zu springen. Dann paddeln wir aus Spaß gegen eine Stromschnelle. Die Spitze des Boots wird dabei so tief ins Wasser gedrückt, dass das Boot für einen Moment fast senkrecht im Wasser steht und dabei ein Mitglied unserer Crew in den Fluss schleudert. Es gibt Mittagslunch am Flussufer. Das Buffet wird auf dem Kiel eines Bootes angerichtet. An einer Stelle müssen wir die Boote schultern und am Ufer entlang tragen. So umgehen wir eine Stromschnelle, die zu passieren viel zu gefährlich wäre.

 

Am Ende werden wir unten am Fluss von einem ausrangierten amerikanischen Schulbus abgeholt und wieder zum Ausgangspunkt nach Kernville gefahren. Einen Wehrmutstropfen gibt es dann doch. Unsere Kamera konnten wir natürlich nicht mit in das Wasserabenteuer nehmen. Eine Foto-CD soll 60 Dollar kosten. Einzelne Bilder gibt es nicht. Da fühlen wir uns über den Tisch gezogen und verzichten. Schade nur, dass wir von diesem tollen Tag keine Bilder besitzen.

 

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