Südafrika

Der Berg ruft

Der nächste Tag ist ein Reisetag. Wir fliegen von Port Elisabeth nach Durban, um 900 Kilometer zu überbrücken. Am Flughafen geben wir den Mietwagen ab und müssen regeln, dass wir einen Steinschlag in der Scheibe haben und wissen nicht, was uns mit einer afrikanischen Billig-Airline für 60€ pro Flug erwartet. Keine Probleme. Schlecht ist aber folgende Kombination:

  • Es ist heiß in Afrika
  • Die Koffer sind zu voll und zu schwer

Die Lösung ist, dass wir unsere Wintersachen, mit denen wir in Deutschland gestartet sind, anziehen. Während am Flughafen alle in kurzer Hose und Flip Flops 'rumlaufen, haben wir dicke Jacken an und noch eine Daunenweste drüber. Die Blicke der Leute bei 30 Grad Außentemperatur sagen etwa soviel wie: „Sind die noch ganz dicht?“

 

Ins Schwitzen kommen wir auch an der Gepäckkontrolle. Ein Multitool mit Taschenmesser ist versehentlich im Handgepäck. Es wäre schade um das gute Stück. (Und was wir noch nicht wissen: Später werden wir es noch dringend brauchen.) Wir kehren noch einmal um und geben das Multitool als Gepäckstück auf. Die Lady am Schalter ist freundlich - und das Minipäckchen fliegt einzeln mit nach Durban als "fragiles Gut".

 

In Durban: Neuer Mietwagen und Aufbruch zum Thendele Camp im Royal Natal Nationalpark. 400 Kilometer liegen vor uns. Die letzten 120 fahren wir Landstraße, es ist stockfinster. Straßenkarte und Straßenschilder stimmen nicht überein. Wir haben keine Ahnung, wo wir genau sind. „Finden wir das Camp?“ Ein Anruf klärt, bis 22 Uhr ist der Sicherheitsdienst an der Schranke. Das schaffen wir locker, denken wir. Dann ist die Straße plötzlich voll mit Schwarzen. Schritttempo. Einige Jugendliche machen sich einen Spaß daraus, so zu tun, als würden sie vors Auto springen. Uns wird mulmig. „Erreichen wir das Camp rechtzeitig?“ „Wie bekommen wir noch den Schlüssel zu unserer Lodge?“ Um 21:30 Uhr finden wir das Camp, der Schlüssel unserer Lodge klebt mit unserem Namen an der Hauswand der Rezeption. Wir ziehen ein. In der Finsternis grillen wir noch und denken sogar daran, die Malariavorsorgetabletten erstmals zu nehmen. Erschöpft wie wir sind, nehmen wir die Tablette mit einem Glas Wein ein. So sitzen wir noch im Schein der Mosquito-Kerze in der absoluten Finsternis. Das letzte Tageslicht hatten wir im Supermarkt in Pietermaritzburg. Wir haben immer noch keine Ahnung, wo wir sind. Es ist nur dunkel.

 

Am nächsten Morgen ziehen wir gespannt den Vorhang zur Seite – und es verschlägt uns die Sprache. Wir finden uns mitten in einem gigantischen Bergpanorama wieder. Wir starren auf eine Basaltwand, 1500 Meter hoch und sechs Kilometer breit. Atemberaubend. Der Berg ruft. Eine der schönsten Trekkingtouren unserer Reise beginnt. Wir folgen einem Bachlauf zu seiner Bergquelle, erst gemütlich, dann immer steiniger, durch Tunnel, über Geröll, Strickleitern, Höhlen, durchs Wasser, steile Auf- und Abstiege. Den gesamten Nachmittag erkunden wir das Gebiet, finden immer wieder neue Ecken und Winkel, baden schließlich im eiskalten Bergwasser. Da werden nicht nur die Lippen blau.

 

*** Story of the day: Nur geträumt?

Aufwachen am zweiten Morgen. Wie durch Zufall hatten wir beide den gleichen Traum: Mitten in der Nacht wurden auf der Terrasse knarrend die schweren, gusseisernen Stühle verrückt. Wieder schieben wir den Vorhang zur Seite, wieder gibt es ein Aha-Erlebnis: Auf einem Stuhl sitzt ein knabengroßer Affe. Eine Schrecksekunde für beide Seiten, niemand rührt sich. Schließlich verschwindet der Affe in die Büsche. Kein Traum.

 

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