Grüne Wiesen

Unsere Reise hatte noch einen zweiten Teil: ein Blockhaus nahe Kempten, der alten Römerstadt.

Wir besichtigen die Ruinen, machen Ausflüge zum Stadtmuseum Füssen, dem Schloss Neuschwanstein, zu Aladin ins Freilufttheater und bekommen Wohnmobil-Besuch von unseren Freunden aus Hannover.

Was diese Station aber einzigartig gemacht hat, war der Bauernhof, zu dem unsere Hütte gehörte. Der Hof liegt im hügeligen Nichts, umgeben von Heuwiesen, die sich über mehrere Quadratkilometer erstrecken. Dazu kleine Wäldchen und Höfe. Er wird getragen von einem Verein, der das ursprüngliche Leben mit der Natur fördern will. Eine Familie bewirtschaftet den Hof, die Eltern um die 60, sie haben sechs Kinder. Zwei von ihnen kümmern sich vorwiegend um alles. 

Wir wollen genauer wissen, was es mit dem ursprünglichen Leben auf sich hat und erfahren über den Umgang mit Bäumen: soll etwa ein neuer Stall aus Holz gebaut werden, fragen die Bauern den Baum, der gefällt werden soll, ob er Teil des Stalls werden möchte. Der Bauer und oberste Baumflüsterer, stämmig und mit dunkler Stimme, verbringt den Tag in Latzhose vor dem Haupthaus sitzend. Wir können uns jederzeit mit ihm über Geografie, Politik oder Mathematik unterhalten, hieß es am Anfang gleich. Das lassen wir lieber. Und als er uns den Weg zum 3 km entfernten Bäcker erklärt, sollen wir dort von ihm grüßen. Auch darauf verzichten wir lieber. 

Dann macht der urige Öko-Entwickler aber doch noch einen Punkt. Als wir sehen, wie er sein Büble Festbier in der Pferdetränke kühlt, fragen wir, ob wir unsere Flaschen dazulegen können. Er entgegnet nur: "Mein Bier ist auch dein Bier." Den Kindern ist's wurscht. Es gibt die gesamte Palette der Bauernhoftiere und Eselreiten ist auch möglich. 

Wir freuen uns, dass der Hof auf Selbstversorgung angelegt ist und überall Gemüsebeete bietet. Wir sind unsicher, ob "meins ist deins" auch fürs Grünzeug git. Also schleichen wir im Schutz der Dämmerung durch die Beete und suchen uns Salat, Möhren und Zwiebeln. Zur Selbstversorgung gehört übrigens auch, dass geschlachtet wird. Fragt sich nur, wie das Gespräch mit Rind, Schwein oder Huhn so läuft. "Willst du in die Suppe oder auf den Grill?"

Und so neigen sich die Tage in Kempten dem Ende zu. Dankbar treten wir die Rückfahrt an. Dankbar für die schöne Zeit, dankbar, dass der Urlaub überhaupt möglich war. Danach sah es eine Woche vor dem Urlaub nicht aus. Kerstin Bandscheibe, Markus Bandscheibe. Eine Woche vor Abfahrt waren 15 Minuten im Auto sitzen noch undenkbar. Mit Schmerzmitteln für den Fahrer wurde die zehnstündige Anreise nach Italien angetreten. Die Rückfahrt war beschwerdefrei.